Solche Verknüpfungspunkte werden mehr und mehr zu Mobilitätshubs, auch Mobilitätsstationen genannt. Sie bündeln die Angebote des öffentlichen Verkehrs und des Umweltverbundes von Fußgängern und Radfahrern zu einem vielseitigen Angebot, das insbesondere ein nahtloses Umsteigen von einem Verkehrsmittel zum anderen möglich macht. Das Modell „Smile 24“ an der Schlei zeigt, wie so etwas aussehen kann. Integriert werden können Sharing-Angebote vom Auto bis zum Bike ebenso wie reservierte Parkplätze für Pkw und Rad. Ursprünglich als Idee für Großstädte und Ballungsräume entwickelt, zeigt sich deutschlandweit, dass solche Zentren in kleinerer Ausführung auch im ländlichen Raum ein sinnvolles Miteinander von Bus und Bahn mit der ÖPNV-Kundschaft versprechen – und so Alternativen zum Auto darstellen. Ein Beispiel ist der Bahnhof Meschede im nördlichen Sauerland: Bahnhof und Bushaltestellen sind zu einer kleinen Mobilitätsstation vereint, ergänzt um einen P&R-Parkplatz und eine Elektro-Carsharing-Station mit Rabatten für Abo-Stammkunden. Ein besonderer Blickfang ist ein ungewöhnliches Fahrrad-Parkhaus: ein ausrangierter Bahnbus mit 14 Abstellmöglichkeiten, die allerdings derzeit alle an Abonnenten vergeben sind.
Öffentliche Mobilität als Daseinsvorsorge:
Wer auf den ÖPNV angewiesen ist
Für viele Menschen ist der öffentliche Verkehr nicht nur eine Alternative zum Auto, sondern die einzige Möglichkeit, mobil zu sein. Insbesondere Kinder und Jugendliche ohne Führerschein sowie ältere oder körperlich eingeschränkte Menschen sind darauf angewiesen, um Schule, Arbeit, Arztpraxis oder soziale Kontakte zu erreichen. Auch finanziell Benachteiligte oder Stadtbewohner ohne eigenes Auto sind auf ein verlässliches und bezahlbares Angebot angewiesen. Zudem setzen viele Menschen aus Umweltgründen bewusst auf nachhaltige Mobilität. Ein gut ausgebauter, barrierefreier und finanzierbarer ÖPNV ist daher unverzichtbar - nicht nur für die Verkehrswende, sondern auch für soziale Teilhabe und wirtschaftliche Entwicklung.
Das Bewusstsein für den Bus stärken
Seit Jahrzehnten gibt es in Deutschland Rufbusse – kleinere Fahrzeuge zum Bedienen von Linien in dünn besiedelten Regionen: Der Fahrgast bestellte seine Fahrt per Telefonanruf. Daraus sind bekanntlich mittlerweile „On Demand“-Verkehre geworden: Der Ruf nach dem Bus geht über die App (oder teilweise auch per Telefon), der Rechner in der Leitzentrale bringt mehrere Fahrtwünsche zusammen. Neben Shuttlediensten auf dem Lande entdecken immer mehr Verkehrsunternehmen solche Lösungen als Chance, Zubringerdienste zu den Liniennetzen aufzubauen. Zudem könnte sich die zunehmende Digitalisierung als Chance entwickeln: Wenn es gelingt, autonome Fahrzeuge ohne Fahrer einzusetzen, kann das ein weiterer Schritt zu mehr Mobilität im ländlichen ÖPNV sein, weil Personal- und Kostenprobleme reduziert würden.
Zunächst komme es jedoch darauf an, das Bewusstsein für den ÖPNV zu stärken, sagt Marie-Theres Wölki, Geschäftsführerin des VDV Südwest und Fachbereichs-
leiterin Ländlicher Raum. „Viele Leute sind komplett auf das Auto fixiert, und man muss ihnen erst zeigen, dass der öffentliche Nahverkehr vielerorts besser ist als sein Ruf.“ Das Potenzial für Busse und Bahnen sei enorm, denn nahezu jeder zweite Bundesbürger lebe auf dem Land. Doch für eine flächendeckende Versorgung mit Mobilitätsdienstleistungen, um gleichwertige Lebensverhältnisse gegenüber den Stadtmenschen herzustellen, spiele der ÖPNV bislang nur eine untergeordnete Rolle. Längst nicht überall besteht in Kommunen und Kreisen der Wunsch, dies zu ändern. Marie-Theres Wölki: „Alle sind motorisiert. Die Verkehrspolitik legt wenig Wert auf echte Klimaneutralität, denn trotz hoher Investitionen in moderne Elektrobusse bleibt das grundlegende Konzept unverändert.“
Mit regionalen Akteuren ins Gespräch gehen
Dabei kann der Bus mehr als Linienverkehr. Er sollte im öffentlichen Leben vielseitig präsent und nützlich sein. Über seine fahrplanmäßig bedienten Strecken hinaus zum Beispiel auch als Shuttle zum Theaterbesuch in die nächste Stadt, als Verbindung zum Supermarkt, als Wanderbus mit Fahrradtransport in den Ferienregionen – auch als rollende Arztpraxis oder Kaufmannsladen. Zur Stärkung des Bewusstseins für den Bus zählt die Unterstützung bei der Frage, wie man dieses Verkehrsmittel benutzt. So helfen Mobilitätstrainings der Verkehrsbetriebe alten Menschen beim Umsteigen vom Auto auf den Bus, ebenso wie sie Kita- und Schulkindern die sichere Nutzung des ÖPNV beibringen.
Die Verkehrsbranche müsse daher den Dialog mit vielen Akteuren auf lokaler und regionaler Ebene suchen, nicht nur bei Entscheiderinnen und Entscheidern in der Politik, sondern auch im gesellschaftlichen Umfeld beispielsweise in Vereinen und Organisationen oder auch den Kirchengemeinden, betont Marie-Theres Wölki. Da gibt es durchaus positive Rückmeldungen. So setzt sich die Bremische Evangelische Kirche auf ihrer Website ausdrücklich für die umweltfreundliche Mobilität mit ÖPNV oder Fahrrad ein, „denn der Erhalt der Schöpfung liegt uns am Herzen“. Und die Pfarrei Mariä Himmelfahrt in Landau empfiehlt konkret mit Fahrplanangaben, zum Sonntagsgottesdienst mit dem Bus zu kommen.
ÖPNV-Tagung dreht sich um Potenziale und neue Wege
Dem ÖPNV abseits der Großstädte und Metropolregionen widmet der VDV eine eigene zweitägige Veranstaltung. „ÖPNV im ländlichen Raum – Potenziale, Erkenntnisse und neue Wege“ lautet der Titel einer Tagung, die am 15. und 16. Mai 2025 in Hannover stattfindet. Im Mittelpunkt stehen zukunftsweisende Ansätze – zum Beispiel innovative On-Demand-Verkehre sowie geteilte Mobilitätsangebote auf der Straße und der Schiene. Ziel ist es, einen umfassenden Blick über aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und Potenziale der öffentlichen Mobilität im ländlichen Raum zu geben.
Anmeldungen unter:
https://www.vdv-akademie.de/tagungen/oepnv-im-laendlichen-raum/