Zwei rote Gabelstapler transportieren Paletten mit blauen Gerolsteiner Wasserkästen in einem großen Außenlager.
Politik
9 Min
23 JANUAR 2025

„Besonderheiten des ländlichen Raums müssen stärker beachtet werden“

Vielerorts setzt sich die Wirtschaft auch für die Schiene ein – wie der Mineralwasserhersteller Gerolsteiner Brunnen mit Sitz in der Eifel. In einem Positionspapier fordert das Unternehmen von der Politik Weichenstellungen für klimaneutralen Güterverkehr im ländlichen Raum, wie ­Ulrich Rust, ­Geschäftsführer für Technik und Logistik, erläutert.

Herr Rust, welche Rolle spielt der Schienengüterverkehr ­aktuell in der Logistik von Gerolsteiner?

» Ulrich Rust: Die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene ist ein wichtiger Teil unserer Dekarbonisierungsstrategie. Auf diese Weise könnten wir einen erheblichen Teil der Emissionen einsparen, die für die Erreichung unserer ehrgeizigen Klimaziele benötigt werden. Hier liegt also ein großer Hebel. Wir sind jedoch noch lange nicht so weit, wie wir es uns wünschen. Die Gründe dafür sind vielfältig und liegen insbesondere an der schlechten Infrastruktur, die zu einem weiterhin hohen Anteil an straßengebundenem Transport führt. Der nächste Güterbahnhof ist beispielsweise 100 Kilometer von uns entfernt. Wir tun einiges, um unser Wirtschaften nachhaltiger zu gestalten. Aber natürlich sind Mehrkosten und Unregelmäßigkeiten in der Zuverlässigkeit nur bis zu einem gewissen Maße tragbar.

Warum ein solches Positionspapier zu diesem Zeitpunkt?

» Die Voraussetzungen für eine Verkehrswende müssen von der Politik geschaffen werden. Daher haben wir unsere Aktivitäten in Richtung einer gezielten Kommunikation unserer Bedürfnisse und Forderungen schon das ganze Jahr 2024 über intensiviert – sei es mit einem Politikbrief, zahlreichen Stakeholder-Gesprächen oder einer parlamentarischen Veranstaltung in Berlin. Die vorgezogenen Neuwahlen hatten keinen Einfluss auf die Veröffentlichung unseres aktuellen Positionspapiers. Die Politik hat schon zu lange gezögert, eine echte Verkehrswende zu initiieren. Dies muss endlich angepackt werden. Der Zeitpunkt war zum Handeln besser denn je, weil die Parteien gerade ihre Programme ausarbeiteten. Unser Wunsch war es, dass das Thema Infrastruktur im ländlichen Raum darin Berücksichtigung findet.

Welche Wünsche hat Gerolsteiner an die regionale und überregionale Politik?

» Unsere Forderung ist klar: Jetzt handeln statt warten! Wir brauchen jetzt einen ganzheitlichen Fahrplan, wie die Dekarbonisierung des Güterverkehrs in Deutschland gelingen kann. Dabei gibt es zwei Baustellen. Zum einen fehlt es an einer umfassenden Strategie, die kurz- und langfristiges Handeln und Zielebenen miteinander verzahnt sowie Verkehrsträger und Infrastrukturausbau zusammendenkt. Neben klaren und verbindlichen Aussagen für den Einsatz von Brückentechnologien – ohne ein böses Maut-Erwachen wie bei Bio-LNG – braucht es jetzt eine klare Pfadfestlegung, auf welche Antriebstechnologien in welchen Anwendungsfeldern gesetzt wird und wie ein verbindlicher Fahrplan zum flächendeckenden Ausbau der nötigen Infrastruktur aufgestellt sein soll. Und es braucht einen klaren Plan, wie ein höherer Anteil des Güterverkehrs auf der Schiene durch den Ausbau der Netze und die Stärkung des Kombinierten Verkehrs erreicht werden kann. Um eine solche Strategie zu entwickeln, braucht es einen breiten überparteilichen Ansatz und die enge Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen.

Warum setzen Sie sich für den ländlichen Raum ein?

» Der ländliche Raum muss in diese Diskussion konsequent integriert werden. Rund die Hälfte der deutschen Wirtschaftskraft und der Großteil der Lebensmittelproduktion wird jenseits von Metropolen erbracht. Trotz der Heterogenität der ländlichen Regionen im gesamten Bundesgebiet haben diese Regionen gemeinsam, dass ihr Anschluss an die Verkehrsinfrastruktur im Vergleich zu urbanen Gebieten deutlich schlechter ausgeprägt ist. Dadurch gibt es auf dem Land einen hohen Anteil an straßengebundenem Transport mit entsprechenden Emissionen der größtenteils fossilen Antriebe. Die ländlichen Gebiete verlieren dadurch ihre Attraktivität als Standort für produzierende Unternehmen und in der Folge auch als Lebensmittelpunkt. Die Besonderheiten des ländlichen Raums müssen stärker in Strategien, Gesetzen und Förderrichtlinien beachtet werden.

Inwiefern müsste die Infrastruktur vor Ort ausgebaut werden?

» Ein Beispiel ist die Eifelstrecke zwischen Köln und Trier. Sie wurde durch die Hochwasserkatastrophe im Jahr 2021 teilweise zerstört, und es wäre jetzt genau der richtige Zeitpunkt, sie zukunftsweisend wieder auf- und auszubauen. Daher engagieren wir uns in dem Bündnis zum Ausbau der Eifelstrecke mit verschiedenen Unternehmen und Organisationen aus der Region. Unsere wichtigste Forderung ist der zweigleisige Ausbau der Eifelstrecke, der nicht nur Güterverkehr auf der bislang stark ausgelasteten Strecke ermöglichen würde, sondern auch die Fahrzeit von Köln nach Trier deutlich verkürzen und somit den Transport unserer Waren deutlich nachhaltiger und wirtschaftlicher machen würde. Leider sträubt sich die Politik vor den Investitionen, dabei liegen die Vorteile auf der Hand.

Ulrich Rust , Gerolsteiner Brunnen

"Wir brauchen jetzt einen ganzheitlichen Fahrplan, wie die Dekarbonisierung des Güterverkehrs in Deutschland gelingen kann."


Ulrich Rust

Geschäftsführer für Technik und Logistik der Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co. KG

Positionspapier online:

Das Positionspapier "Jetzt handeln statt warten: Strategische Weichenstellungen für klimaneutralen Güterverkehr im ländlichen Raum" finden Sie hier.

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