Oliver Wolff, Hauptgeschäftsführer des VDV, im Gespräch über die Bedeutung von Verlässlichkeit in der Verkehrspolitik für die Zukunft des ÖPNV.
Politik
9 Min
20. Januar 2025

„Ich erwarte mehr Verlässlichkeit“

Die Zukunft des ÖPNV als Rückgrat der lokalen und regionalen Wirtschaft und als Mobilitätspartner für Klimaschutz hängt von der dauerhaften, soliden Finanzierung seiner Transformation ab. VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff (Foto) erwartet von der neuen Bundesregierung vor allem Planungssicherheit.

Herr Wolff, der VDV unterstreicht in seinen Statements zur Verkehrspolitik immer wieder die Forderung nach verlässlichen Entscheidungen. Warum ist das so wichtig?

» Oliver Wolff: Wir alle befinden uns mittendrin in gesamtgesellschaftlichen Veränderungsprozessen. Für den Wandel oder die Transformation in unserer Branche bedeutet das: Wenn politische Entscheidungen etwa zu Fördermitteln oder gesetzlichen Rahmenbedingungen beschlossen werden, müssen wir uns darauf verlassen können, dass diese Beschlüsse möglichst lange Bestand haben. Unsere Unternehmen brauchen Planungssicherheit. Sie können einen einmal eingeschlagenen Weg nur schwer verlassen. Unerwartete Änderungen etwa in der Förderlandschaft können nicht von heute auf morgen nachvollzogen werden, denn sie haben ja Planungen und Investitionen ausgelöst. In der Wirtschaft werden betriebliche Prozesse und investive Maßnahmen in der Regel über mehrere Jahre geplant und durchgezogen. Kontinuität ist das beste Tempo, um ans Ziel zu kommen!

Nach Corona und der Energiepreisentwicklung fehlt nun aber in vielen öffentlichen Haushalten das Geld für die Transformation in die Mobilitätswende. Was bedeutet das für die ehrgeizigen Ziele der Verkehrsbranche?

» In der Tat hat die angespannte Finanzlage in einigen Bundesländern und Kommunen bereits zu Abbestellungen von Verkehrsleistungen geführt. Zugleich besteht aber weiter die Erwartung, dass die Angebote mit Bussen und Bahnen ausgebaut und die Fahrzeugflotten auf alternative Antriebstechnologien umgestellt werden. Das kann die Verkehrspolitik der nächsten Bundesregierung nicht negieren. Wir wissen auch: Der Bund betreibt allein im Verkehrssektor klima- und damit letztlich wirtschaftsschädliche Subventionen in zweistelliger Milliardenhöhe. Das Geld ist also da. Wir können es uns als Gesellschaft nicht leisten, auf einen klimaneutralen, leistungsfähigen ÖPNV zu verzichten. Die immer häufiger chaotischen Verhältnisse im Straßenverkehr lassen uns keine andere Wahl. Es hilft uns als Land auch nicht, wenn wir alle im E-Auto im Stau stehen.

Was sollte die nächste Bundesregierung für den ÖPNV tun?

» Sie muss der Mobilitätspolitik wieder eine Richtung geben. Konsequent und kontinuierlich. Zunächst einmal erwarte ich mehr Konsequenz in der Politik, also die schon angesprochene Verlässlichkeit. Wie kann es sein, dass die Bundespolitik es Anfang des Jahrzehnts für richtig gehalten hat, dass die EU mit der Clean-Vehicles-Directive in der Verkehrsbranche die Umstellung auf alternative Bus-Antriebe beschleunigt? Und dass dann die nachfolgende Koalition im letzten Frühjahr kopflos alle Bus-Förderungen für die deutlich teureren Elektrobusse und deren Infrastruktur einstellt? Das wirkt ein wenig wie Neues aus Schilda und konterkariert jede Planungssicherheit. Verlässlichkeit würde auch verbessert, wenn die bestehende ÖPNV- Finanzierung an die Bedarfe angepasst wird: Schon vor mehr als einem Jahrzehnt haben Fachkommissionen für Angebots- und Infrastrukturverbesserungen mehrjährige und haushaltsunabhängige Fondsmodelle vorgeschlagen. Solche Infrastrukturfonds mit fixen Finanzierungsbudgets könnten als Investitionen in die bestehenden ÖPNV-Betriebsanlagen hilfreich sein, weil sie dauerhaft angelegt sind.

Im Interview:
VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff

Portrait Ingo Wortmann

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