Austausch und Information: Auf der Fachausstellung kamen Hersteller und Dienstleistende mit Verkehrsunternehmen und anderen Interessierten ins Gespräch.

Aufbruch in die Zeitenwende

Moderner Look, eine größere Themenvielfalt, weitere Rekordzahlen bei Teilnehmenden und Ausstellenden: Das neue Konzept der ­„mobility move“ ist aufgegangen. Alles drehte sich um die Mobilität der Zukunft und um Vernetzung. Wasser in den Wein goss jedoch die Politik mit der gestrichenen E-Busförderung.

Mehr als 1.500 Teilnehmende, 90 Aussteller, 20 Busse, vier autonome Shuttles: Die Erstausgabe der ­„mobility move“ knüpfte an die Erfolge der VDV-E-Buskonferenz samt Fachausstellung nahtlos an. „Wir wollen eine Plattform schaffen, damit wir über unsere Themen miteinander reden können“, erläuterte zur Eröffnung Martin Schmitz, VDV-Geschäftsführer Technik und Vorstandsvorsitzender des Forums für Verkehr und Logistik. Neben den alternativen Antrieben gehörten nach dem neuen Konzept der „mobility move“ auch die Personalgewinnung, das autonome Fahren und das digitale Ticketing zu diesen Themen – vier Veranstaltungen unter einer Dachmarke.

Angesichts gestrichener Fördermittel in Höhe von 77 Millionen Euro für das laufende Jahr kommt für die Branche nun der Wind von vorn. Der Elektrifizierung des ÖPNV auf der Straße steht nach dem erfolgreich gestarteten Hochlauf ein Einbruch bevor. 24 Milliarden Euro werden benötigt, um die Transformation zu schaffen. „Das stemmen wir überhaupt nicht, wenn wir die Mittel nicht bekommen“, erklärte VDV-Präsident Ingo Wortmann. Er forderte ein überjähriges Förderprogramm in Form einer Fondslösung, um die Busflotte zu elektrifizieren sowie die Infrastruktur auszubauen und zu modernisieren. Ingo Wortmann sprach sich für eine Lockerung der Schuldenbremse aus und befürchtete Investitionsruinen sowie halbfertige Projekte, sollte das Geld für die Busflotten ausbleiben. Deren weitere Elektrifizierung, aber auch die der Eisenbahn und das Ticketing zu fördern, sei ein „Konjunkturmotor“, so der VDV-Präsident: „Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht selber abwürgen.“

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Der ÖPNV ist eine wichtige Antwort auf das Scheitern des Bundes­verkehrsministers beim Klimaschutz.

Nina Schoenian
Geschäftsführende Vorständin Greenpeace Deutschland

Hoffnungsträger für den Klimaschutz

Und so fehlte auf der „mobility move“ ein Programmpunkt, den die Politik und die Verkehrsunternehmen in den vergangenen beiden Jahren wohl gleichermaßen lieb gewonnen hatten – die Übergabe der Förderbescheide und mit ihr das proppenvolle Gruppenfoto mit dutzenden strahlenden Gesichtern. Überreichten BMDV-Staatssekretärin Daniela Kluckert 2022 noch Urkunden für 1.200 E-Busse und ihr Kollege Michael Theurer im vergangenen Jahr für rund 1.000, fiel der gleichsam warme wie dringend notwendige Geldregen in diesem Jahr deutlich spärlicher aus – und er ging bereits eine Woche vor der Veranstaltung andernorts nieder. Mit den verbliebenen 53,4 Millionen Euro an Fördergeldern können lediglich 13 Empfänger nur noch 186 klimafreundliche Busse auf die Straße bringen. Damit beendete das BMDV die dritte Förderrunde und wohl auch die komplette E-Busförderung. Bereits zugesagte Projekte sollen jedoch noch umgesetzt werden. „Ich kann nicht versprechen, dass es weitere Förderaufrufe gibt“, sagte Daniela Kluckert auf der „mobility move“ mit Blick auf die Schuldenbremse und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds. Die FDP-Politikerin verlangte eine stärkere finanzielle Beteiligung der Länder. „Wir werden die Klimaziele mit den Haushaltsmitteln erreichen müssen, die wir haben.“ Was sie versprechen konnte, kostet kein Geld: die Situation in den Verkehrsunternehmen zu kennen und weiter auf der Seite der Branche zu stehen. „Dass wir unter die Räder geraten sind, ist extrem traurig“, verabschiedete Martin Schmitz die parlamentarische Staatsekretärin nach ihrer Rede: „Aber Ihre Worte machen Hoffnung, dass wir das fortsetzen können, was wir aufgebaut haben.“

Aufbauende Worte und viel Anerkennung für die Arbeit der Verkehrsunternehmen fand Nina Schoenian von Greenpeace. Die geschäftsführende Vorständin richtete einen eindringlichen Appell an die Branche, ihr Handeln an Visionen auszurichten „und nicht am Status quo, wie es das Verkehrsministerium tut“. Die Co-Chefin von Greenpeace Deutschland ermunterte ihre Zuhörenden, sich einzubringen: bei der Bundesverkehrswegeplanung sowie bei den Themen stabile Ticketpreise, bessere Arbeitsbedingungen, Elektrifizierung und Ausbau: „Der ÖPNV ist eine wichtige Antwort auf das Scheitern des Bundesverkehrsministers beim Klimaschutz.“

Zwischen Fachkräftemangel und Robotaxis

Ich kann nicht versprechen, dass es weitere Förderaufrufe gibt.

Daniela Kluckert
Parl. Staatssekretärin im Bundesministerium für Digitales und Verkehr

Ein weiteres Schlüsselthema für die Zukunft des ÖPNV ist das autonome Fahren. Der integrierte Zukunftskongress mit diesem Fokus blickte unter anderem auf Fragen der Regulierung, auf Musterlösungen in Norwegen sowie Erfahrungen mit Robotaxis in Asien und den Vereinigten Staaten. In Europa und hierzulande geht es langsamer voran als in China und den USA. „Schneller ist nicht immer besser“, sagte Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks, der in der Hansestadt 10.000 autonome Fahrzeuge bis 2030 auf die Straße bringen will. Doch bis dahin gibt es noch eine Menge zu tun. Die Technik funktioniert, geht aber noch nicht in die breite Masse: Es fehlt an bestellbaren Fahrzeugen für die aktuellen Piloten zunächst in der Größenordnung zwischen fünf und 20 Shuttles, in den nächsten Projekten dann mit dreistelligen Stückzahlen, um der Industrie zu zeigen, dass es eine Nachfrage gibt. „Wir müssen den Markt gemeinsam entwickeln“, appellierte Moderator Dr. Till Ackermann vom VDV an die Verkehrsbranche, Verbände und Industrie. Und auch beim autonomen Fahren fehlt das Geld. „Wir müssen bei den Themen On-Demand-Verkehre und autonomes Fahren in eine Regelförderung kommen“, sagte Till Ackermann.

Um Finanzierung und Förderung, aber auch um zahlreiche weitere Themen wie Batterie- und Wasserstoffantriebe, die Gestaltung von Betriebshöfen und Depots sowie praktische Erfahrungen im ländlichen Raum drehten sich die beiden E-Busforen. Erstmals unter dem Dach der „mobility move“ fand die Kontiki-Konferenz statt, bei der es um das digitale Ticketing ging. „KI als Fahrschein in die Zukunft?“ Dieser Frage gingen die Teilnehmenden nach und diskutierten, inwiefern innovative Ansätze helfen, den Vertrieb im ÖPNV zu verbessern oder sogar zu revolutionieren.

E-Busforum: VDV-Präsident Ingo Wortmann kritisierte die Kürzung von Fördermitteln für saubere Antriebe (l.).Von A wie Arbeitszeitmodell bis Z wie Zusammenarbeit: Darum ging es auf diesem Podium im Forum Personal (r.).

Ebenfalls Premiere hatte das Forum Personal: Unter anderem widmeten sich die Vortragenden und Teilnehmenden dem Recruiting in Zeiten des Fachkräftemangels, neuen Berufsbildern oder der Gen Z – beispielsweise wie es Führungskräften gelingen kann, die zwischen den frühen 1990er- und den 2000er-Jahren Geborenen zu finden, zu binden und zu motivieren.
Im nächsten Jahr findet die „mobility move“ vom 1. bis zum 3. April statt. Wie schon in diesem Jahr wird die Veranstaltung mit der „mobility move night“ eröffnet – eine von zahlreichen Möglichkeiten zum Kennenlernen und Netzwerken.

Mehr Infos

unter:

www.mobility-move.de

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