„Schwarzfahren muss eine Straftat bleiben“

Wer Busse und Bahnen vorsätzlich ohne Fahrausweis nutzt, macht sich strafbar. Das sollte so bleiben, fordert der VDV – auch mit Blick auf die Sicherheit der Mitarbeitenden im ÖPNV, wie VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff (Foto) erläutert.


Herr Wolff, Sie bezeichnen Schwarzfahren als respektlos gegenüber den Leistungen, die die Beschäftigten in den Verkehrsunternehmen täglich erbringen. Warum ist Ihnen dieses Thema so wichtig?
» Oliver Wolff: Schwarzfahren verursacht erhebliche finanzielle Schäden für den ÖPNV. Mit Einnahmeausfällen von bis zu einer Milliarde Euro jährlich fehlt uns das Geld für Personal, Fahrzeuge, Infrastruktur und Sicherheit. In Zeiten, in denen wir händeringend Fachkräfte suchen, ist es inakzeptabel, den Verlust dieser wichtigen Ressourcen einfach hinzunehmen.

Die Befürworter der Entkriminalisierung von Schwarzfahren argumentieren oft mit der Überlastung der Justiz. Wie stehen Sie zu diesem Argument?
» Dieses Argument greift nicht. Die Justizprozesse sind zwar langwierig, und viele Stellen sind unbesetzt. Doch die Lösung kann nicht darin bestehen, das Schwarzfahren weniger ernst zu nehmen. Eine solche Maßnahme würde lediglich die Zahl der Häftlinge reduzieren, ohne die grundlegenden Probleme zu lösen. Es ist ein Irrweg zu glauben, dass wir durch eine gleichgültige Haltung gegenüber Schwarzfahrerinnen und Schwarzfahrern den Justizvollzug entlasten können.

Wie würden Ihrer Meinung nach die Beschäftigten im ÖPNV eine Entkriminalisierung des Schwarzfahrens zu spüren bekommen?
» Unsere Beschäftigten sind erheblich von gewalttätigen Übergriffen betroffen. Eine Studie des Deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung zeigt, dass 41 Prozent der Befragten mindestens einmal im Jahr Opfer von Gewalt werden. Eine Herabstufung des Schwarzfahrens zur Ordnungswidrigkeit würde das falsche Signal senden und die Sicherheit unserer Mitarbeiter zusätzlich gefährden. Es gibt jährlich 123 gemeldete Fälle von Gewalt pro 1.000 Beschäftigte.

Sie haben an anderer Stelle davon gesprochen, dass der Sozialstaat eine Antwort auf das Problem des Schwarzfahrens finden muss. Was meinen Sie damit konkret?
» Wir müssen sicherstellen, dass jeder Zugang zum ÖPNV hat, auch finanziell schwächere Bevölkerungsgruppen. Dies kann durch Sozialtickets und andere Vergünstigungen erreicht werden. Die Lösung kann aber nicht darin bestehen, das Schwarzfahren zu legalisieren. Das würde nur die ehrlichen Fahrgäste bestrafen und das Vertrauen in den ÖPNV untergraben. Es ist ein falsches Signal an alle ehrlichen Fahrgäste, wenn diejenigen, die sich unsolidarisch verhalten, künftig kaum noch Konsequenzen zu befürchten haben.

Wie steht es um die finanzielle Situation der Verkehrsunternehmen?
» Schon heute müssen die Verkehrsunternehmen erhebliche finanzielle Herausforderungen bewältigen. Die Betriebskosten sind im letzten Jahr für Strom um 57 und für Dieselkraftstoff um 54 Prozent gestiegen, während das Deutschland-Ticket die Einnahmen deckelt und damit die finanzielle Belastung erhöht. Jeder Euro zählt, und die Verkehrsunternehmen benötigen langfristige Planungssicherheit, um ihre Angebote zu erhalten und auszubauen. Der Schutz unserer Fachkräfte und die Sicherstellung einer nachhaltigen Mobilität in Deutschland müssen oberste Priorität haben. Auch deshalb muss die Leistungserschleichung Straftatbestand bleiben.

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