„Brauchen neben dem Deutschland-Ticket das Deutschland-Angebot“
Nach den langen Mai-Wochenenden wartet die nächste Bewährungsprobe auf das Deutschland-Ticket: Die Sommerferien stehen vor der Tür. Bis zu elf Millionen Fahrgäste kauften das Ticket bis Mitte Juni. Mit der steigenden Nachfrage und der wachsenden Auslastung von Bussen und Bahnen muss nun das Deutschland-Angebot im ÖPNV kommen.
Das Deutschland-Ticket erfreut sich wachsender Beliebtheit: In den ersten Wochen seiner Gültigkeit nutzten es bereits bis zu elf Millionen Fahrgäste – Tendenz steigend. Rund die Hälfte wechselte aus bestehenden Abos in das bundesweite ÖPNV-Angebot. Weitere 4,3 Millionen Kundinnen und Kunden (Stand: Ende Mai), die vorher beispielsweise mit Einzelfahrscheinen oder mit Monatskarten ohne Abo unterwegs waren, sind mit dem D-Ticket zu neuen Abonnentinnen und Abonnenten geworden. Der VDV rechnet damit, dass die Zahl derjenigen, die aus ihren bestehenden Abos ins Deutschland-Ticket wechseln, in den kommenden Wochen weiter steigen wird. Unterdessen fahren wieder mehr Menschen mit Bussen und Bahnen. Schon einen Monat nach Einführung des D-Tickets war in einigen Städten das Vor-Corona-Niveau wieder erreicht. Rund 700.000 neue Kundinnen und Kunden haben den ÖPNV in der Regel bislang nicht genutzt: „Ein erstes gutes Ergebnis“, sagt VDV-Präsident Ingo Wortmann und kündigt vor diesem Hintergrund weitere Gespräche mit Bund und Ländern über bundesweite Verbesserungen des ÖPNV-Angebots an. „Wir brauchen neben dem Deutschland-Ticket auch das Deutschland-Angebot im ÖPNV.“ Den handelnden Akteuren sei bewusst, dass das Deutschland-Ticket für viele Menschen, die kein adäquates Bus- und Bahnangebot vorfinden, alleine nicht ausreiche, um dauerhaft in den ÖPNV umzusteigen. Im nächsten Schritt müsse der Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV in die Tat umgesetzt werden – wie im Koalitionsvertrag festgehalten. Dazu gehöre auch, das Angebot von Bussen und Bahnen in den ländlichen Regionen auszubauen.
„Die bisherigen Bestellungen und Verkaufszahlen bewegen sich im von uns prognostizierten Rahmen“, erläutert Ingo Wortmann. Der VDV war zum Start des D-Tickets Anfang Mai davon ausgegangen, dass sich insgesamt fünf bis sechs Millionen neue Abonnentinnen und Abonnenten für das neue Angebot entscheiden werden. Laut VDV-Prognose kommen etwa elf Millionen Stammkundinnen und Stammkunden hinzu, die von ihrem Abo ins Deutschland-Ticket wechseln.
Ob die Züge vor allem im Ausflugsverkehr wieder so voll werden wie zu Zeiten des 9-Euro-Tickets im Sommer vergangenen Jahres, bleibt angesichts des veränderten Preises abzuwarten. Durch die zusätzliche Nachfrage werden Bahnen wie Busse zwar voller, Überlastungen halten sich jedoch noch in Grenzen. Wie viel mehr Verkehr durch das Deutschland-Ticket entsteht, ist derzeit noch unklar. Unter anderem nach den Gründen, sich für oder gegen das D-Ticket zu entscheiden, wurde im Rahmen einer Marktuntersuchung gefragt, die Bund, Länder und Verkehrsbranche in Auftrag gegeben haben. Ersten Ergebnissen zufolge zählen die deutschlandweite Gültigkeit, der günstige Preis und die Tatsache, dass sich die Nutzerinnen und Nutzer keine Gedanken mehr über Tarifgebiete machen müssen, zu den wichtigsten Kaufgründen (siehe Infografik). „Lohnt sich nicht für mich“ und „habe generell keinen Bedarf“ waren dagegen die wichtigsten Gründe, sich bislang gegen den Kauf eines D-Tickets zu entscheiden. Nur knapp ein Viertel der Befragten dieser Gruppe nutzt lieber andere Verkehrsmittel. Elf Prozent sagten, dass das D-Ticket zu teuer sei.
Verkehrsunternehmen können wieder DEN Kampagnenbaukasten nutzen
„Schon das Deutschland-Ticket besorgt?“ Diese Frage stellt ÖPNV-Botschafter Felix Neureuther (Foto) auf zahlreichen Kanälen der aktuellen Kampagne von Bund, Ländern und Verkehrsunternehmen. Unter dem Dach „Deutschland steigt ein“ werden vor allem die rund 10,5 Millionen Menschen, die nur gelegentlich mit Bussen und Bahnen fahren, angesprochen. Etwa die Hälfte von ihnen lebt in Ballungsräumen. Ab Sommer soll auch das Deutschland-Ticket als Jobticket verstärkt beworben werden. Verkehrsunternehmen und Verbünde können die im Kampagnenbaukasten zur Verfügung gestellten Medien und Maßnahmen kostenlos für ihre eigene Kommunikation nutzen. Der Baukasten ist bekannt aus vergangenen Kampagnen und wird nach wie vor rege genutzt.
Jobticket soll Mobilitätswende treiben
Klar dürfte allerdings schon jetzt sein, dass mit dem Deutschland-Ticket vor allem Pendlerinnen und Pendler unterwegs sind, die öffentliche Verkehrsmittel ohnehin schon genutzt haben. Denn dessen Einstiegspreis von 49 Euro liegt zum Teil deutlich unter dem, was bisher für ein Monatsabo bezahlt werden musste. Starke Impulse für die Mobilitätswende versprechen sich Verkehrsunternehmen und Verbünde vom D-Ticket als Jobticket. Beschäftigte können mit einem Zuschuss des Arbeitgebers für nur noch 34,30 Euro monatlich den ÖPNV bundesweit nutzen. Als erstes Großunternehmen stellte die Rewe Group ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Angebot zur Verfügung (siehe Interview)
Zudem könnten die Verkaufszahlen und die Nutzung des ÖPNV weiter zulegen, wenn die Bundesregierung ihre Pläne wahrmacht, das Deutschland-Ticket sozialer und familienfreundlicher zu gestalten. So wollen die Regierungsparteien unter anderem die Regelung für die Mitnahme von Kindern und Jugendlichen ab 2024 ausweiten. Bislang dürfen Kinder nur bis zu einem Alter von sechs Jahren kostenlos mitgenommen werden. Auch für Studierende soll es schon bald eine Ticketlösung geben. Dort, wo die Verkehrsverbünde es ermöglichen, können Studentinnen und Studenten ihr bestehendes Semesterticket zu einem Deutschland-Ticket für 49 Euro aufwerten, wenn sie den Differenzbetrag bezahlen. Zudem soll die Mitnahme von Fahrrädern im ÖPNV verbessert werden. In vielen Regionen muss dafür derzeit noch ein separates Ticket gekauft werden. Ebenso wird ein Angebot für ältere Menschen diskutiert. Unklar ist aus Sicht des VDV allerdings weiterhin, ob die von Bund und Ländern für das Deutschland-Ticket bereitgestellten Mittel für den ÖPNV und den Schienenpersonennahverkehr ausreichen und wie viel Geld für die vereinbarte Nachschusspflicht erforderlich wird.
Weitere Infos
unter:
www.d-ticket.info