„Made in Europe-Regeln und EU-Mindestwertschöpfung notwendig“
Europa als Produktions- und Technologiestandort stärken, Arbeitsplätze in der EU sichern und starke Local-Content-Anforderungen auch in Deutschland und Europa durchsetzen: Helge Förster (Foto), für den Bereich Mobility verantwortlicher Geschäftsführer der Hübner-Gruppe (einem globalen Systemanbieter für die Mobilitätsbranche und weltweit führend im Bereich Übergangssysteme für Busse und Schienenfahrzeuge), fordert die europäische Politik auf, die hiesige Bahnindustrie im weltweiten Wettbewerb stärker zu unterstützen.
Asymmetrische Marktzugänge und ein EU-Beihilferecht, das auf dem Binnenmarkt nur für Mitgliedsstaaten gilt, nicht jedoch für Non-EU-Bietende: Welche Gefahren birgt dieser aktuelle Status quo Ihrer Ansicht nach?
» Helge Förster: Marktöffnung kann nur dann die Basis für globalen Wohlstand bilden, wenn ein grundlegendes Maß an Wechselseitigkeit gegeben ist – sich also alle beteiligten Parteien beziehungsweise Staaten gleichermaßen öffnen. Daher beunruhigt mich sehr der zunehmende Protektionismus außerhalb der EU, der sich in hohen Lokalisierungsanforderungen äußert. So sind zum Beispiel lediglich zwei Drittel des weltweiten Eisenbahnmarktes für die europäische Eisenbahnzulieferindustrie zugänglich – wohingegen der europäische Binnenmarkt auch für subventionierte Staatskonzerne aus anderen Ländern uneingeschränkt offen steht: Nicht-EU-Unternehmen können somit Projekte in Europa gewinnen und dabei mit Produkten ins Rennen gehen, die fast komplett außerhalb der EU hergestellt werden. Diese Praxis stellt für mich eine empfindliche Schwächung, wenn nicht gar Gefährdung, des Produktionsstandorts Europa da. Ändert sich hieran nichts, so befürchte ich gravierende negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hier innerhalb der Europäischen Union.
Mit welchen Lösungen kann Europa diesen Herausforderungen begegnen?
» Blicke ich auf den Mobilitätsmarkt, dann sind vor allem entsprechende Infrastrukturen und Produktionsstätten vor Ort notwendig, um die industrielle Wertschöpfung in Deutschland und Europa zu halten und weiterhin einen leistungsfähigen öffentlichen Personenverkehr anbieten zu können. Damit uns das gelingt, müssen wir dringend stärkere Anforderungen an Local Content in den hiesigen Ausschreibungen formulieren – wie es andere Länder bereits tun. Nur so können wir verhindern, dass industrielles Know-how und Arbeitsplätze aus Deutschland und Europa abfließen. Außerdem müssen wir – die europäischen Unternehmen, die europäische Politik – entschlossen und geschlossen auftreten. Denn erst indem wir unsere Kräfte bündeln, wird unsere Stimme im internationalen Wettbewerb gehört.
Eine Wende in der Handelspolitik oder eine Renaissance von Multilateralismus und Freihandelsabkommen: Welche Impulse braucht die Branche — wünschen Sie sich als Vertreter des Mittelstands — aus Berlin und wo muss Europa besser werden?
» Um Unternehmensschließungen, Standortverlagerungen und Arbeitsplatzverluste zu verhindern, brauchen wir ein klares politisches Bekenntnis aus Brüssel – für multilaterale Freihandelsabkommen und eine europäische Handelspolitik, deren Eckpfeiler Offenheit, Durchsetzungsfähigkeit und Nachhaltigkeit sind. Die Politik ist gefordert, EU-Mindestwertschöpfungsregeln einzuführen und „Made in Europe“-Regel auch für europäische Projekte kraftvoll zu unterstützen. Und bessere europäische wie nationale Rahmenbedingungen, um Innovationen voranzutreiben.
Daneben brauchen wir in der EU und auch in Deutschland deutlich agilere Prozesse und schlankere Zulassungsverfahren, um unseren Technologievorsprung auch in Zukunft zu halten. Hier können und sollten sowohl Berlin als auch Brüssel über den Tellerrand blicken: Wie schnell zum Beispiel in Asien neue Themen adaptiert werden, ist beeindruckend. Auch wie Israel die Start-up- und Innovationskultur fördert, kann Vorbildcharakter für uns haben. Denn besonders in den Bereichen Innovation und Digitalisierung hat die EU großen Aufholbedarf. Wir in Europa müssen aufpassen, dass wir nicht den Anschluss und unsere Wettbewerbsfähigkeit verlieren.
Weitere Infos dazu unter:
www.hubner-group.com