Infrastruktur
04.03.2024

Dickes Bündel an Ideen
für mehr Gleisanschlüsse

Insbesondere mehr Gleisanschlüsse und multimodale Zugänge zur Schiene sind wichtig, um mehr Güter von der Straße zu holen. Mit der aktualisierten Gleisanschluss-Charta macht ein breites Bündnis aus Verbänden, Vereinigungen und Initiativen darauf aufmerksam – und liefert fast 100 konkrete Vorschläge.


Es läuft derzeit nicht gut für den Schienengüterverkehr: Gestiegene Stromkosten, gestörte Lieferketten, die sanierungsbedürftige Infrastruktur und die fehlende Planungssicherheit haben die Transportleistungen 2023 von 133 auf 126 Milliarden Tonnenkilometer zurückgehen lassen. Wenn die Bundesregierung ihre Investitionen in den Ausbau des Schienennetzes und wichtige Förderungen für Trassen- und Anlagenpreise, die Infrastruktur nichtbundeseigener Bahnen sowie für das digitale europäische Zugleitsystem ETCS deutlich zurückfährt, wird der Güterverkehr das zusätzlich zu spüren bekommen.

Michael Theurer (l.), Staatssekretär im BMDV, erhielt die Charta von VDV-Vizepräsident Joachim Berends. Sie setzt sich unter anderem für durchgehende Transporte auf der Schiene ein. Unternehmen sollen unterstützt werden, Gleisanschlüsse zu bauen und zu betreiben. Außerdem sollen Anreize zur Verlagerung von Verkehren geschaffen werden.

In diesem politischen und wirtschaftlichen Umfeld startete unter der Federführung des VDV ein breites Bündnis eine weitere Initiative und legte eine neue Gleisanschluss-Charta vor: Ziel ist es, die Zukunftschancen von Gleisanschlüssen, multimodalen Zugangsstellen und regionalen Eisenbahninfrastrukturen zu verbessern. „Es geht um bessere Rahmenbedingungen, moderne Technik und bedarfsgerechte Infrastruktur. Deren wesentliche Schlüsselfunktion für den gesamten Schienengüterverkehr soll stärker in den Fokus der Politik rücken“, erläutert Georg Lennarz, der die Gleisanschluss-Charta beim VDV betreut.

Die aktuelle Charta ist eine Weiterentwicklung der Vorgängerfassung aus dem Jahr 2019. Seitdem wurden viele Vorschläge umgesetzt oder werden noch verwirklicht. „Bei einigen Themen bedarf es eines neuen Impulses, weil wenige bis keine Fortschritte erkennbar sind“, sagt VDV-Vizepräsident Joachim Berends. Dazu zählt beispielsweise der Bürokratieabbau beim Bau von Gleisanschlüssen. Genauso wie neue Themenfelder – darunter die Realisierung regionaler Infrastrukturkonzepte – sind auch weitere Unterstützer hinzugekommen: Die Zahl der unterzeichnenden Organisationen wuchs von 36 auf 57 an.

Viele Stimmen -
eine Charta

57 Verbände, Organisationen und Initiativen aus Industrie, Handel, Logistik, Bau-, Land- und Holzwirtschaft, Recycling und Kommunen haben die Gleisanschluss-Charta unterzeichnet – darunter Spitzenverbände wie der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Handelsverband Deutschland (HDE), der Verband der Chemischen Industrie (VCI), der Hauptverband der Bauindustrie, der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), die Wirtschaftsvereinigung Stahl sowie der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund. Hinzu kommen zahlreiche Interessenvertretungen aus dem Bereich Verkehr und Logistik.

Mit fast 100 vorgeschlagenen Maßnahmen sollen fünf wesentliche Ziele erreicht werden. Ganz vorne steht der Mensch: So sollen Personen unterstützt werden, die in Unternehmen und Kommunen Entscheidungen für die Schiene treffen und umsetzen können – etwa durch verbesserte Aus- und Weiterbildungsangebote und den Ausbau von Beratungs- und Coachingmöglichkeiten. Die weiteren Ziele sind die bedarfsgerechte Ausstattung der Wirtschaft mit Zugangsstellen und vorgelagerter Infrastruktur, bessere Rahmenbedingungen für Gleisanschlüsse und Verladestellen, das Angebot entsprechender Transportlösungen sowie der Einsatz moderner und innovativer Techniken etwa durch modular gestaltete Fahrzeuge sowie mehr Digitalisierung und Automatisierung auf der ersten und letzten Meile.

Doch wie viele Gleisanschlüsse gibt es überhaupt in Deutschland? Genau weiß das niemand. Zahlen von DB InfraGo oder der Bundesnetzagentur ergeben kein vollständiges Bild. Georg Lennarz vom VDV kann die Zahl nur schätzen – „auf 1.500 bis 2.000“. Ob es mehr oder weniger oder gleichbleibend viele sind, kann auch der VDV-Fachmann nicht sagen. Daher empfiehlt die Gleisanschluss-Charta, zunächst eine verlässliche Datengrundlage zu schaffen, um treffsichere Investitionsentscheidungen herbeizuführen. „Für die fehlt jedoch eine gemeinsame Strategie von Bund, Ländern und Kommunen“, kritisiert Georg Lennarz. Hilfreich wäre es, die staatliche Planung und Finanzierung der Infrastruktur in den Regionen sowie die Gleisanschlussförderung zu optimieren.

Mehr Infos

dazu unter:

www.gleisanschluss-charta.de

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