Neckarhafen:
Klimaschutz auf den Kaimauern
Im Güterverkehr spielen Bahnen und Binnenhäfen eine bedeutende und gemeinsame Rolle für die Mobilitätswende. An vielen Standorten aber ist die Infrastruktur für den Umschlag in die Jahre gekommen. Sie muss erneuert und erweitert werden. Die Verkehrspolitik in Baden-Württemberg unternimmt dafür zusätzliche Anstrengungen. Eine neue Förderrichtlinie soll dafür sorgen, dass künftig mehr Mittel für Hafeninvestitionen bereitgestellt werden können.
Mitte September gab es großen Auftrieb im Stuttgarter Neckarhafen. Der „Tag der Schiene“ machte einem vielzähligen interessierten Publikum deutlich, welche Wirtschaftskraft sich auf den Kaimauern zwischen Kränen und Containern entfaltet. Fast 50 Unternehmen sind im trimodalen Umschlaggeschäft zwischen Schiene, Straße und Schifffahrt aktiv oder nutzen die Standortvorteile der buchstäblich verkehrsgünstigen Lage. Der Hafen ist einer von den in der VDV-Arbeitsgemeinschaft Eisenbahn öffentlicher Häfen (EöH) organisierten See- und Binnenhäfen, die zu den umschlagsstärksten der Branche zählen, betont Hafenchef und EöH-Vorsitzender Carsten Strähle: „Insgesamt gibt es laut einer Marktuntersuchung der Bundesnetzagentur mehr als 130 Hafenstandorte mit Gleisanschluss an das deutsche Eisenbahnnetz. Wenn man die zwei Millionen Güterwagen, die in den deutschen Häfen jährlich bewegt werden, hintereinander aufstellt, würde dieser Zug einmal um die Erde reichen.“
Rund ein Drittel des Schienengüterverkehrs wird in Deutschland in den Häfen abgewickelt. Und viele von ihnen schlagen mehr Güter über die Schiene um als über das Binnenschiff. Der Hafenchef: „Damit sind unsere Häfen Treiber der ökologischen Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene und Garanten für die Versorgung von Wirtschaft und Bevölkerung. Und mit den richtigen Rahmenbedingungen können die Häfen ihre Potenziale auf der Schiene noch stärker nutzen.“
Hafen Stuttgart: einer von mehr als 130 Hafenstandorten mit Gleisanschluss
Doch die dafür erforderlichen Ausbauprogramme kosten viel Geld. „Hier ist die öffentliche Hand gefordert“, sagt Ulrich Weber. Bislang gebe es im Ländle keine Fördermittel für die Hafeninfrastruktur. „Unsere Regierung steckt zwar jährlich gut 10 bis 13 Millionen Euro in die Landeseisenbahnfinanzierung. Das kommt den bei uns ja zahlreichen nichtbundeseigenen Bahnen zugute“, so der Geschäftsführer der VDV-Landesgruppe Baden-Württemberg: „Doch für den nicht öffentlichen Bereich der Häfen bleibt da bislang nichts übrig.“ So begrüßt die Branche ein Umdenken in der Landesverkehrspolitik. In der parlamentarischen Abstimmung befindet sich derzeit eine neue Förderrichtlinie, die als Teil des Landes-Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (LGVFG) den Ausbau von Güterumschlagzentren vorantreiben soll – unter der Klimaschutzmaßgabe der Dekarbonisierung des Güterverkehrs. Zuwendungen sollen dem Richtlinienentwurf zufolge fließen für „Neu-, Um-, Ausbau und Erhaltung beziehungsweise Erwerb oder Umrüstung von (Umschlags-)Anlagen sowie Schieneninfrastrukturen, die mittelbar oder unmittelbar dem Güterumschlag auf klimafreundliche Verkehrsmittel dienen“.
„Eine derartige Förderrichtlinie ist meines Wissens in keinem anderen Bundesland in Vorbereitung. Unsere Mitgliedsunternehmen versprechen sich davon eine Stärkung des Gütertransports auf der Schiene und über den Wasserweg in Baden-Württemberg“, erklärt Ulrich Weber. Es bestehe die Chance, ergänzend zu den Förderprogrammen des Bundes für die Belebung von Gleisanschlüssen und den Ausbau des Kombinierten Verkehrs sowie Investitionen nach dem Schienengüterfernverkehrsnetzförderungsgesetz (SGFFG) ergänzende und komplementäre Projektunterstützung mithilfe der Landesmittel zu schaffen. Es gehe aber nicht nur um Bahninfrastruktur: „Ein drängendes Problem ist der immer wieder verzögerte Ausbau der Neckarschleusen für die Dimensionen heutiger Schiffe. Die heimische Wirtschaft wartet sehnlich darauf.“