Aus dem Verband
An der Zukunft mitgebaut
Wenn mobilitätsbegeisterte Studierende verschiedener Hochschulen und Fachrichtungen zusammenkommen und eine Woche lang gemeinsam an einem Thema arbeiten – dann ist wieder VDV-Sommeruniversität. Schauplatz der von der VDV-Akademie organisierten Veranstaltung war in diesem Jahr Wuppertal.
Wuppertal und seinen Nahverkehr entdecken, mit bis dahin unbekannten Kommilitonen schlagkräftige Arbeitsgruppen bilden und Ergebnisse präsentieren, die auch vor einem kritischen Fachpublikum bestehen: Dafür hatten 15 Teilnehmer der diesjährigen VDV-Sommeruniversität eine Woche lang Zeit. Die gemeinsame Aufgabe: einen zukunftsfähigen ÖPNV für Wuppertal im Jahr 2030 entwickeln. Mit einer Zukunftskonferenz startete die kreative Phase. Dabei stellten sich die Studierenden die Frage, wie die Menschen in zwölf Jahren mobil sein wollen und welche Trends die öffentliche Mobilität dann beeinflussen können. Folgende Annahmen waren gesetzt: Wuppertal verfügt in Zukunft über eine Seilbahn, die die hoch über dem Tal der Wupper liegende Uni in wenigen Minuten mit der Stadt verbindet. Und die Schwebebahn wird weiterhin durch Wuppertal fahren ebenso wie die Eisenbahn. Dafür übernahmen drei Arbeitsgruppen jeweils die Perspektive der Stadtverwaltung, der Vertreter des örtlichen Verkehrsunternehmens sowie der Bürger – inklusive ÖPNV-Verweigerer. Aus den unterschiedlichen Ideen wurde ein gemeinsamer Leitgedanke formuliert: „Durch den Seilbahnausbau und die autofreie Innenstadt verdoppeln wir den ÖV-Anteil am Modal Split von 25 auf 50 Prozent und verfünffachen den Anteil des Radverkehrs von zwei auf zehn Prozent“ – und zwar bezogen auf den Stand von 2012. „Bei der Zukunftskonferenz habe ich gelernt, dass es nicht schwer ist, zu einem Konsens zwischen einzelnen Interessensgruppen zu kommen“, sagte Stefan Dumitrescu, der Verkehrsingenieurwesen in Stuttgart studiert: „Es braucht aber Zeit.“
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Wie dieser im Konsens formulierte Leitgedanke Wirklichkeit werden kann, stand dann im Mittelpunkt der nächsten Gruppenphase. Zweieinhalb Tage hatten die Studierenden Zeit, ihre Konzepte auszuarbeiten und präsentationsreif zu machen. Zuvor hatten sie sich die Wuppertaler ÖPNV-Praxis live angeschaut und waren von WSW mobil-Geschäftsführer Ulrich Jaeger auf die besonderen betrieblichen Gegebenheiten in der Schwebebahn-Stadt eingestimmt worden. Wie der ÖPNV der Zukunft umgesetzt werden kann, war Gegenstand in vier Arbeitsgruppen – und zwar aus Sicht der Planung, der Technik, des Betriebs und des Marketings. Nur so viel sei zu den Zukunftskonzepten der Studierenden gesagt: In Elberfeld gibt es 2030 eine autofreie Innenstadt mit einer Reihe von fußläufig erreichbaren Quartiersgaragen für Fahrräder und Autos. Wenige Buslinien sind in hoher Taktung auf eigenen Fahrspuren unterwegs, automatisiert fahrende On-Demand-Kleinbusse erschließen die Stadtteile und fungieren als Zubringer zu den Hauptverkehrsmitteln. Ein gut ausgebautes Radwegenetz erstreckt sich flächendeckend über die Stadt. Aus betrieblicher Sicht werden die Hauptachsen durch den doppelten Takt verdichtet und die Anzahl der Busse verdoppelt. Die Schwebebahn fährt autonom alle 90 Sekunden, On-Demand-Verkehre sind voll in den ÖPNV integriert. Mit digitaler Unterstützung nehmen die Mitarbeiter ihre Dienstplanung selbst in die Hand. Das alles wird von einem Marketingkonzept flankiert, das Identität fördert und Neues erreicht – und WSW mobil als umfassenden Mobilitätsdienstleister im Bewusstsein der Bevölkerung verankert. Sogar zur Finanzierbarkeit des Ganzen lieferten die Studierenden Zahlen.
Was neben den Ergebnissen mindestens genauso zählte, war die Zusammenarbeit an einer gemeinsamen Lösung der Aufgabe. „Das Schöne ist, dass wir alle aus unterschiedlichen Studiengängen kommen und trotzdem das gleiche denken und planen“, erläuterte Kristin Follmann, die an der Hochschule Darmstadt Bauingenieurwesen mit der Vertiefung Verkehr studiert. „Mir hat gefallen, dass wir gruppenübergreifend gearbeitet haben – vom selbst formulierten Leitgedanken bis zum fertigen Konzept“, sagte Julia Klever, Studentin des Verkehrswirtschaftsingenieurwesens an der Bergischen Universität Wuppertal. Großes Lob für die Gruppen gab es auch von Prof. Dr. Ulrike Reutter: „Was Sie in der kurzen Zeit geschafft haben, finde ich sehr beeindruckend“, brachte die Leiterin des Lehr- und Forschungsgebiets Öffentliche Verkehrssysteme und Mobilitätsmanagement an der Uni Wuppertal auch die Einschätzung der „Gasthörer“ auf den Punkt. Denn die ÖPNV-Profis der WSW Wuppertaler Stadtwerke GmbH, des Aachener Verkehrsverbunds (AVV), der Bogestra und von moBiel gaben den Studierenden ein kritisches Feedback aus Expertensicht – und hatten dabei sicherlich auch im Hinterkopf, ob der eine oder die andere Studierende nicht vielleicht auch ganz gut ins eigene Unternehmen passt. Spaß beim Zuhören hatte auch Martin Schmitz, Technik-Geschäftsführer beim VDV: „Nur wenn man Themen gut präsentieren kann, bekommt man sie auch durchgesetzt. Weiter so, wir sehen uns irgendwann wieder.“