UITP Summit:
„Familientreffen“ mit geballter Nahverkehrskompetenz
Ein Branchentreff der Superlative: In Barcelona kamen Anfang Juni die ÖPNV-Fachleute aus aller Welt zum alle zwei Jahre stattfindenden Kongress ihrer Dachorganisation, dem UITP Summit, zusammen. Mit von der Partie: der VDV und neben zahlreichen deutschen Unternehmen der Bahnindustrie auch die Hansestadt Hamburg. Dies aus gutem Grund: Dort wird der nächste Gipfel in zwei Jahren stattfinden.
Über 300 Vorträge und Diskussionsrunden, mehr als 85 „Speaker“, gut 350 Aussteller in zwei vollgepackten Messehallen, gut und gerne 15.000 Fachbesucher in knapp vier Tagen – der Summit in seinen Zahlen. Trotz der Größe: Für VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff ist es gleichwohl ein „Familientreffen“: „Es ist gut, dass wir alle zwei Jahre zusammenkommen. Wir arbeiten ja alle an denselben Themen und brauchen den Austausch.“ In der Politik und der Gesellschaft weltweit habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der ÖPNV seinen Beitrag zum Klimaschutz und zu mehr Lebensqualität in den Städten leisten muss. Und mehr noch, betonte Oliver Wolff: „Bus und Bahn sind gegenüber dem Auto eine nicht zu unterschätzende Inflationsbremse. Das hat schon das 9-Euro-Ticket letztes Jahr messbar gezeigt, und ich erwarte, dass das Deutschland-Ticket noch mehr dazu angetan ist, die Bürger auf der Kostenseite zu entlasten.“ Das Thema Inflation werde vielfach unterschätzt, doch es sei genauso ein Zukunftsbaustein wie die öffentlich diskutierten Themen klimaneutrales Heizen und umweltgerechte Mobilität.
Das Deutschland-Ticket war ohnehin präsent in Barcelona. Anna-Theresa Korbutt, Geschäftsführerin des Hamburger Verkehrsverbundes, und Oliver Wolff präsentierten gemeinsam auf dem Hamburg-Stand – zugleich auch Repräsentanz des VDV auf dem UITP-Gipfel – die Story rund um das neue Top-Angebot der deutschen Nahverkehrsbranche. „Das Interesse ist bei unseren Nachbarn sehr groß“, berichteten die Expertinnen und Experten. Beispielsweise wolle man in Norwegen, Schweden und Belgien genauer wissen, wie das Deutschland-Ticket in nur wenigen Monaten Vorbereitungszeit in die Tariflandschaften und die digitale Welt eingeführt werden konnte. „Hier können die anderen von unseren Erfahrungen und Erkenntnissen profitieren“, betonte Oliver Wolff. Er wünscht sich, dass die deutschen Verkehrsunternehmen ihr umfassendes Branchen-Know-how prinzipiell stärker international einbringen. „Wir haben so viele gute und starke Unternehmen, da sollten wir aktiver werden. Kollegen aus dem Ausland sind uns um einiges voraus und vermarkten sich erfolgreich in aller Welt.“
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„Wie verändern wir die Mobilität für die Welt von morgen? – Nur zusammen!“ Mit diesem Motto hatte Hamburg den Zuschlag für den nächsten UITP-Gipfel 2025 und gleich auch für 2027 bekommen. Zukunftsfähige Mobilität mit der Bandbreite nachhaltiger Angebote aus der Perspektive der Fahrgäste – das ist das umfassende Thema auch wieder in zwei Jahren. Als „Metropol-Modellregion Mobilität“ ist sich die Hansestadt der Unterstützung von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sicher; Erfahrungen mit internationalen Events rund um das Thema Bus und Bahn wurden bereits beim ITS Weltkongress 2021 gesammelt. Henrik Falk, Chef der Hamburger Hochbahn, unterstrich „Hamburgs Ambitionen rund um die Zukunft der Mobilität“ und versprach, den Innovationen „weiter Schub zu geben“.
Den ÖPNV mit Hightech attraktiver machen
Auf dem Barcelona-Gipfel wurde in den Diskussionen und Vorträgen vielfältig auf die wachsende Bedeutung des ÖPNV für die in den Autostaus erstickenden Megacities hingewiesen. „MaaS – Mobility as a Service“ – und „Smart Mobility“ sind die Schlagworte zu den Bestrebungen, Bus und Bahn mit Hightech und durchdachtem Komfort für den Umstieg vom Individualverkehr attraktiver zu machen. Dabei sieht die Bahnindustrie die Einzugsbereiche des ÖPNV aus den Stadtzentren hinaus ins Umland wachsen. Henri Poupart-Lafarge, Chef des Alstom-Konzerns, beobachtet den „neuen Trend weltweit“ und freut sich über einen „brillanten Markt“ für komfortable und leistungsfähige, häufig mit Doppeldeckern konfigurierte Regionalzüge, mit denen auch größere Entfernungen aus dem Hinterland konkurrenzlos schnell an verstopften Schnellstraßen vorbei überwunden werden.
Es gebe eine regelrechte Dreiteilung des Bahnmarktes auf der Fahrzeugseite: Neben Metro, S-Bahnen und Trams für die City und dem Hochgeschwindigkeitsverkehr überregional entwickele sich dazwischen ein Segment von Zügen mit angemessenem Reisekomfort für mittlere Fahrzeiten. Eine ähnliche Entwicklung beschreibt David Scorey, Nordamerika-Präsident von Keolis. Das kanadische Projekt „High Frequency Rail“ für attraktive Schienenverbindungen im stark belasteten Korridor Quebec – Toronto und der schrittweise Aufbau der privat finanzierten „Brightline“-Schnellbahn in Florida zwischen Miami, Orlando und Tampa seien erste Ansätze jenseits des Atlantiks für einen modernen Schienenverkehr statt Kurzstreckenflug oder Autobahn-Stau.
Weitere Infos
unter:
www.uitp.org