Innovationen
14.05.2018
Aktuell

E-Bus-Branche in Aufbruchsstimmung

Batterieantrieb oder Brennstoffzelle? Rein elektrisch oder in Kombination mit Euro-VI-Diesel-Bussen? Wie genau die Zukunft eines elektromobilen ÖPNV aussehen wird, ist völlig offen. „Die“ Lösung gibt es nicht, darin waren sich die Teilnehmer der mittlerweile neunten Konferenz „Elektrobusse – Markt der Zukunft!“ in Berlin einig.


Der VDV als Organisator hat sich dabei kaum einen aktuelleren Rahmen für die Tagung wünschen können: Das Diesel-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts lag erst wenige Tage zurück, ebenso die Ankündigung des BMU, über das Sofortprogramm „Saubere Luft“ eine Milliarde Euro zusätzlich für die Anschaffung von Elektrobussen sowie für die Umrüstung von Dieselbussen bereitzustellen. Und laut Koalitionsvertrag wollen Union und SPD unter anderem die Mittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz deutlich aufstocken. „Ich spüre so viel Rückenwind wie selten für unsere Branche“, sagte vor diesem Hintergrund VDV-Präsident Jürgen Fenske in seiner Eröffnungsrede. Diesen gelte es zu nutzen – auch mit Blick auf die Elektrifizierung des ÖPNV auf der Straße. Gleichwohl brach der Vorstandsvorsitzende der Kölner Verkehrs-Betriebe eine Lanze für die modernen Euro-VI-Dieselbusse, eine aus seiner Sicht „hoch beachtliche Technologie, die wir noch brauchen“. Dennoch: „E-Busse werden die Zukunft sein.“

Dass es sich beim E-Bus-Markt tatsächlich um einen sehr dynamischen handelt, zeigte die Konferenz erneut – nicht zuletzt anhand steigender Teilnehmerzahlen. Diese hatten einen Umzug nötig gemacht: 2018 fanden die Fachtagung und die angegliederte Elektrobus-Ausstellung Elekbu erstmals im Berliner Estrel-Hotel statt, das mehr Platz für die rund 550 Branchenvertreter sowie die 47 Aussteller bot. Letztere präsentierten unter anderem technische Innovationen aus dem Batterie- und Heizungsbereich. Größte Hingucker waren jedoch wie schon in den Vorjahren die ausgestellten Elektrobusse – dieses Mal neun an der Zahl. Ebenfalls zum ersten Mal bot ein „Boulevard der Ideen“ in der Messehalle Ausstellern die Gelegenheit, ihre Produktneuheiten in parallel stattfindenden Kurzvorträgen vorzustellen. Eines der 24 teilnehmenden Unternehmen: die Daimler-Tochter Evobus, die kurz zuvor ihren ersten E-Bus der Öffentlichkeit vorgestellt hatte.

Auf den Podien wurde auch über die Herausforderungen der Umstellung auf E-Busse diskutiert (v. l.): VDV-Präsident Jürgen Fenske, Axel Volkery (Europäische Kommission), Staatssekretär Rainer Bomba und Guntram Pehlke (VKU)

Damit ist Evobus neben Sileo erst der zweite deutsche Hersteller von E-Bussen. Die Zurückhaltung deutscher Fahrzeugbauer in diesem Segment stieß während der Fachtagung immer wieder auf Kritik. „Wir brauchen diese Fahrzeuge jetzt“, forderte etwa Rainer Bomba in einer seiner letzten Reden als Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. „Und nicht erst 2020 oder 2021.“ Bei der Umstellung auf E-Mobilität werde die Bundesregierung finanziell unterstützen: „In Zukunft wird es wesentlich mehr Geld für den ÖPNV geben“, kündigte er an. Bomba erinnerte zudem an die Alternativen zum reinen Batterieantrieb: „Auch die Brennstoffzelle hat Zukunft. Sie ist reif für die Serienproduktion im mobilen und stationären Bereich.“ Dass grundsätzlich technologieoffen gearbeitet werden müsse, forderte Thomas Kiel vom Deutschen Städtetag: „Wir wissen schließlich nicht, welche Technologie sich in Zukunft durchsetzen wird.“ Martin Schmitz, Geschäftsführer Technik beim VDV, ist überzeugt, dass es jedoch kein Entweder-oder geben wird. „Die Zukunft wird nicht einheitlich sein“, sagte er. „Und wir wollen die Technologien nicht gegeneinander ausspielen, sondern zeigen, dass es auf die einzelnen Einsatzgebiete ankommt.“

Wir wollen die verschiedenen Technologien nicht gegeneinander ausspielen.

Martin Schmitz,
VDV-Geschäftsführer Technik

Guntram Pehlke, Präsidiumsmitglied im Verband kommunaler Unternehmen (VKU), wiederum betonte, dass Elektromobilität nicht automatisch mit grüner Mobilität einhergehe. „Jeder E-Bus, den wir ab 2020 auf die Straße setzen, ist mit grauem Strom unterwegs. Wir fahren dafür die Kraftwerke hoch, und damit gewinnen wir nichts“, so der Vorstandsvorsitzende der Dortmunder Stadtwerke DSW21. Die Emissionseinsparungen gegenüber dem ­Euro-VI-Diesel-Bus seien minimal. Eine Mahnung, die auch die Parlamentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter vom Bundesumweltministerium aussprach: „Wir dürfen nicht vergessen, dass das Thema Elektrifizierung nur positiv für den Klimaschutz ist, wenn wir die Energie aus den Erneuerbaren beziehen. Wir müssen darauf achten, dass der Strom nicht nur ‚aus der Steckdose‘ kommt, sondern CO2-frei ist.“

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Umstellung beim Netzbetreiber anmelden

Emissionsfreier ÖPNV mit grünem Strom: „Die“ Lösung für dieses Ziel gebe es noch nicht – dafür aber viele offene Fragen. Das betonten die Referenten auf der Fachtagung immer wieder. Wann eignet sich die Depot-, wann die Zwischenladung von Batteriebussen eher? Und was ist mit dem Stromnetz? Dieses sei nämlich eines der größten Nadelöhre überhaupt, warnte Markus Dietmannsberger, Gesamtprojektleiter Elektrobus bei der Hamburger Hochbahn. „Den erforderlichen Betriebshofumbau müssen Sie bereits vier bis fünf Jahre vorher beim Netzbetreiber anmelden.“ Sein Erfahrungsbericht machte auch deutlich, dass sich längst nicht jeder Weg für jedes Verkehrsunternehmen eignet. Während Jens Conrad von der Regionalverkehr Köln GmbH von der Zuverlässigkeit und Reichweite des Brennstoffzellen-Busses schwärmte, stellt diese Technologie die Hamburger Hochbahn vor Herausforderungen: „In der Innenstadt können wir nicht die erforderlichen Sicherheitsabstände zu den Wasserstoff-Lagern einhalten“, beschrieb Dietmannsberger.

Doch egal, wo es hingeht: Letztlich habe der ÖPNV in Sachen Elektromobilität bereits eine enorme Entwicklung hinter und noch vor sich – so die einhellige Meinung. Und das sogar mithilfe der Autoindustrie: „Ich bin Volkswagen unendlich dankbar“, scherzte Prof. Dr. Stephan Rolfes, Vorstand der Stadtwerke Osnabrück. „Ohne VW wären wir nicht da, wo wir heute stehen.“

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www.ebuskonferenz.de

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