Weiterbildungs- und Wissensplattform „NetÖV“:
Aus elf mach eins
Nur mit ausreichend Personal wird die Mobilitätswende gelingen. Schon jetzt benötigen die Verkehrsunternehmen Mitarbeitende, die sich schnell in Themen einarbeiten – etwa nach einem Quereinstieg. Damit das Fachwissen nachhaltig bei den Menschen ankommt, vernetzt das Forschungsprojekt „NetÖV“ verschiedene Wissens- und Weiterbildungsangebote auf einer gemeinsamen Plattform.
Auf www.in-dir-steckt-zukunft.de, dem Jobportal der Verkehrsunternehmen, sind derzeit 11.000 Stellen frei: Der Bedarf an Mitarbeitenden ist also riesig und die Vielfalt an beruflichen Möglichkeiten enorm. In mehr als 70 Berufen suchen die Verkehrsunternehmen derzeit Personal. Die Zeit drängt: Von den 151.000 Beschäftigten allein im ÖPNV scheiden 74.000 bis 2030 altersbedingt aus. Diese Stellen müssen ebenso neu besetzt werden wie die zusätzlichen Arbeitsplätze, die die Mobilitätswende mit sich bringt. Aber nur auf jede fünfte Stelle rücken Auszubildende nach. Bei der Weiterbildung und der Bereitstellung von Wissen will nun auch „NetÖV“ die Personalabteilungen in der Branche und alle, die am Thema Lernen interessiert sind, mit einem ergänzenden Ansatz unterstützen. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt (siehe Infokasten) verbindet elf Plattformen von acht namhaften Weiterbildungsanbietern miteinander. „Mit ,NetÖV‘ entsteht ein Werkzeug, das einen schnellen Überblick über die Weiterbildungsmöglichkeiten der Branche bietet“, erklärt Projektleiterin Stefanie Menke von der VDV-Akademie. Die Akademie koordiniert einen Verbund aus sieben Partnern. Der Kreis setzt sich zusammen aus den Vertreterinnen und Vertretern von Verbänden, aus der Wissenschaft und Weiterbildung sowie aus Verkehrsunternehmen und -verbünden. Zudem wird „NetÖV“ mit dem InnoVET-Projekt „UpTrain“, das ein triales Weiterbildungsmodell für den öffentlichen Verkehr entwickelt („VDV Das Magazin“ 2/2021 berichtete), und der Digitalen VDV-Akademie (DiVA) vernetzt.
E-Mobilität, autonomes Fahren, Digitalisierung und dabei das normale Bus- und Bahngeschäft bei steigenden Nutzerzahlen aufrechterhalten: Der rasante Wandel in der Verkehrsbranche erfordert gezielte Weiterbildung – und stellt Personalabteilungen wie Beschäftigte vor große Herausforderungen. „Um die in der Kürze der Zeit zu bewältigen, ist die Vernetzung von Branchenwissen und die Sichtbarkeit von Expertise wertvoller denn je“, berichtet Stefanie Menke. Bis Ende dieses Jahres soll ein Prototyp von „NetÖV“ stehen, den wohlwollende Anwenderinnen und Anwender („friendly user“) zu Testzwecken und zum Austausch mit dem Entwicklungsteam nutzen können. In ihrer Vollversion soll die neue Plattform spätestens zum Sommer 2024 zur Verfügung stehen.
Beim Lernen kommt es jedoch nicht nur auf den Wissenstransfer, sondern auch auf den sozialen Austausch und die informelle Bildung an. Deshalb wird neben einem Empfehlungssystem auch ein Netzwerk aus Expertinnen und Experten aufgebaut. Für die schnelle Weitergabe von Informationen oder Musterlösungen können die Nutzenden innerhalb von „NetÖV“ darauf gezielt zugreifen. „Dadurch entsteht ein sehr hoher Praxisbezug“, ist sich die Projektleiterin sicher: „Aus Lernenden werden perspektivisch selbst Fachleute.“ Auf diesem Weg sollen alle Beschäftigen in der Mobilitätsbranche einen leichteren Zugang zu Weiterbildungsangeboten erhalten.
Wer lernen will, kann somit die berufliche Weiterentwicklung selbst in die Hand nehmen. Algorithmen helfen dabei, Weiterbildungsangebote zu finden, die zum individuellen Bedarf passen – als Web Based Training, Lehrgang oder Video. Ähnlich wie beim Einkauf im Internet soll das Empfehlungssystem dabei unterstützen. „Der Bedarf an passgenauer Weiterbildung in den Verkehrsunternehmen wächst ganz deutlich“, beobachtet Stefanie Menke: „Der Fachkräftemangel, der demografische Wandel und die Digitalisierung der Arbeitswelt werden dafür sorgen, dass das auch in den kommenden Jahren so weitergeht.“
Innovationswettbewerb „Invite“
„NetÖV“ ist eines von 35 Projekten, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Innovationswettbewerbs „INVITE“ gefördert werden. Damit soll die Suche nach passenden Weiterbildungsangeboten unterstützt, die Nutzerorientierung von Weiterbildungsplattformen gestärkt und das Angebot KI-unterstützter Weiterbildungsangebote vergrößert werden. Für den Wettbewerb stellt das BMBF Mittel in Höhe von 88 Millionen Euro zur Verfügung. Am Ende, so das Ziel, soll dann eine nationale Weiterbildungsplattform entstehen.
Wertvolle Vorarbeit hatte die VDV-Akademie bereits mit dem Aufbau des Portals „KnowHow@ÖV“ geleistet. Seit April 2020 haben darauf 70.000 Nutzerinnen und Nutzer über eine halbe Million Mal zugegriffen. Auf Deutsch und seit Kurzem auch auf Englisch sind dort Wissens- und Lernangebote zur Verkehrsbranche sowie das in VDV-Schriften und -Mitteilungen gesammelte Branchenwissen für alle kostenlos abrufbar. „,KnowHow@ÖV‘ wird zum Einstiegsportal von ,NetÖV‘ umgewandelt“, kündigt Stefanie Menke an: „Es wird das technische Herz der vernetzten Plattformen.“ Wer beim Aufbau von „NetÖV“ dabei sein will, ist willkommen. Das Projekt sucht Testpersonen, die bei der Entwicklung mithelfen wollen.
Weitere Infos
unter:
www.netoev.de