Der neue E-Bus-Sound
gehört bald zum guten Ton
Der moderne Nahverkehr wird um einen eigenen, unverwechselbaren Klang bereichert. Zusammen mit Audiodesignern und Fahrzeugherstellern arbeitet der VDV an einem einheitlichen Geräusch für E-Busse. Jetzt wurde die Sieger-Soundidee aus einem Studierendenwettbewerb vorgestellt.
Markant und trotzdem unaufdringlich, deutlich wahrnehmbar und gut zu lokalisieren: So klingen in Deutschland künftig die E-Busse. Der VDV hat dazu den Entwurf eines Sounds präsentiert, der bis zum Sommer weiterentwickelt wird und später als Industriestandard zum Einsatz kommen soll. Hintergrund ist die Auflage der EU, dass E-Fahrzeuge bei geringen Geschwindigkeiten ein künstliches Geräusch machen müssen. „Es ist teilweise ein Fluch, dass die Busse so leise sind“, sagte VDV-Vizepräsident Werner Overkamp bei der Vorstellung des Soundentwurfs. Wenn ein Fahrzeug an die Haltestelle rollt und dort steht, macht es das weitgehend geräuschlos – für Menschen mit eingeschränktem Seh- oder Hörvermögen schwer wahrnehmbar. Gleiches gilt im Verkehrsgetümmel. Auch Fußgänger und Radfahrer müssen die Busse in der allgemeinen Geräuschkulisse rechtzeitig hören können. Abhilfe schaffen die Hersteller schon jetzt mit akustischen Warnsystemen, die künstliche Fahrgeräusche erzeugen: die Acoustic Vehicle Alerting Systems (AVAS).
Bundesweit einheitlicher Markenklang
Der VDV geht nun jedoch einen Schritt weiter. Mit seinen Partnern aus der Fahrzeugindustrie und Audiodesignern tüftelt er an einem einheitlichen Sound, der zukünftig bundesweit in jedem E-Bus wiederzufinden sein soll: ein charakteristischer Markenklang, hergestellt in Deutschland, dynamisch und modern. Den sollen die Verkehrsunternehmen in ihren Ausschreibungen für den Kauf neuer Busse künftig vorgeben können - auch wenn bis dahin noch ein Weg zu gehen ist. Von Anfang an bei der Suche eingebunden waren zahlreiche Interessengruppen wie Fahrgast-, Verkehrs-, Sehbehinderten- und Umweltverbände sowie Bundes- und Landesverkehrsministerien.
Aber wie klingen E-Busse? Und wie unterscheiden sie sich von E-Autos, E-Rollern oder E-Fahrrädern? Wie lässt sich verhindern, dass sie als störend wahrgenommen werden? Neben diesen Fragen spielen Aspekte der Sicherheit und der Ergonomie eine wichtige Rolle. Denn die Töne werden mittelbar im Innenraum zu hören sein, dürfen im Dauerbetrieb Fahrpersonal und Fahrgäste nicht nerven. „Wenn der Sound eine Persönlichkeit wäre, sollte er ein freundlicher Nachbar sein“, beschreibt Prof. Sebastian Waschulewski vom FOAM Institute Berlin die Anforderung (siehe Interview). Mensch und Umwelt sollen nicht mit unnötigem Lärm belastet werden. „Es geht um unsere Stadtgesundheit, es geht um Sicherheit und ein zeitgemäßes Fahrerlebnis“, sagt Rudi Kuchta vom VDV-Industrieforum und Senior Vice President von MAN Truck & Bus. „Auf den ,Wow-Effekt‘ kommt es dabei gar nicht an“, erläutert Audiodesigner Felipe Sanchez Luna (FOAM): „Sonst steht man an der Bushaltestelle und kann es irgendwann nicht mehr ertragen.“
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Im Rahmen eines Studierendenwettbewerbs hatte das FOAM Institute zusammen mit dem VDV technische und inhaltliche Gestaltungskriterien vorgegeben und nach Ideen für den E-Bus-Sound gesucht. Aus einem Workshop mit 50 Teilnehmenden gingen 20 Wettbewerbsbeiträge hervor. Eine Jury, in der unter anderem Sehbehindertenverbände, der TÜV, Verkehrsunternehmen, das Bundesministerium für Digitales und Verkehr sowie der VDV vertreten waren, prüfte die Entwürfe, beratschlagte und wählte aus. Den Sound, der alle Kriterien erfüllte, steuerte Lukas Esser von der Berliner Universität der Künste bei. „Zwischen technisch und organisch, um bei den Menschen zu sein und den Sound angenehm zu machen“, erklärt er seine Klangidee. Bei der Präsentation seines Entwurfs Mitte Mai hatten alle Projektbeteiligten auf ihrem Weg zum finalen E-Bus-Sound schon die Hälfte der Strecke zurückgelegt. „Wir haben jetzt die Zutaten“, erläutert Felipe Sanchez Luna. In den nächsten Schritten geht es darum, den Klang in Nuancen anzupassen und in die Fahrzeuge zu implementieren. Deren Hardware wie Lautsprechersysteme muss nun geprüft und der Klang dafür optimiert werden. Vorgestellt wird der fertige Sound - voraussichtlich direkt am Bus - dann am 12. und 13. Juli während der VDV-E-Buskonferenz und der Fachmesse „ElekBu“ in Berlin.
Hier gibt es weitere Infos zum
E-Bus-Sound:
www.vdv.de/ebussound
Drei Fragen an …
Wie die E-Busse künftig klingen und worauf es dabei ankommt, beschreibt Prof. Sebastian Waschulewski vom FOAM Institute Berlin (Foto) im Gespräch mit „VDV Das Magazin“.
Herr Prof. Waschulewski, was macht einen guten E-Bus-Sound aus?
» Prof. Sebastian Waschulewski: Wenn der Sound eine Persönlichkeit wäre, sollte er ein freundlicher Nachbar sein – offen für alle, unaufdringlich, gelassen. Dabei gilt auch für Audiodesign: Gutes Design ist so wenig Design wie möglich.
Vor welchen Herausforderungen standen Sie und Ihr Team bei der Suche nach einem einheitlichen Sound für E-Busse?
» Wir wollten nicht die Geräusche eines Dieselbusses imitieren, sondern etwas komplett Neues für die Elektrobusse kreieren. Einen wirklich zukunftsgerichteten Sound. Und der muss einzigartig, angenehm und modern klingen sowie alle Anforderungen an die Verkehrssicherheit und die Ergonomie erfüllen. Das hat Lukas Esser als Gewinner des Wettbewerbs optimal getroffen. Den Klang würde ich als warm beschreiben. Er hat auch tiefe Frequenzen, wie sie für ein großes Fahrzeug typisch sind. Dabei kommt es darauf an, nur die Frequenzbereiche gut hörbar zu gestalten, die wirklich benötigt werden. Besonders, wenn der Bus die Haltestelle anfährt, dort steht und wieder abfährt.
Was sind die nächsten Schritte?
» Die Soundidee von Lukas Esser entwickeln wir nun zusammen mit ihm und unseren Partnern aus der Industrie professionell weiter. Wir werden diesen Klang noch etwas verfeinern – verschiedene Frequenzbereiche und die Dynamik nachjustieren. Den fertigen Sound wollen wir während der VDV-E-Buskonferenz präsentieren – idealerweise schon eingebaut in einem Fahrzeug.