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Das Auto stehen lassen
Die EU-Kommission verklagt Deutschland wegen der schlechten Luftqualität in den Städten; mancherorts sind Fahrverbote beschlossen oder noch nicht vom Tisch. In 65 Städten konnten 2017 die Stickoxid-Grenzwerte nicht eingehalten werden. Nun sollen Bonn, Essen, Herrenberg, Reutlingen und Mannheim modellhaft testen, welche Maßnahmen sich eignen, um die Stickoxidkonzentration wirksam zu reduzieren. Bis 2020 investiert der Bund dafür 130 Millionen Euro vor allem in die Stärkung des ÖPNV – und setzt damit Anreize, das Auto stehen zu lassen.
MEHR NAHVERKEHR UND ANGEBOTE FÜR RADFAHRER
Essen testet Tarifsenkungen und die Ausweitung des ÖPNV-Angebots durch dichtere Takte von Bussen und Bahnen. Hierzu müssen das Fahrpersonal deutlich aufgestockt und auch neue Fahrzeuge angeschafft werden, erläutert Oberbürgermeister Kufen im WDR-Interview. Erste Tarifmaßnahmen sollen bereits Anfang 2019 starten. Im Sinne der gesetzten Klimaschutzziele der Bundesregierung sollen mit Hilfe der Förderung Anreize geschaffen werden, ganz oder zeitweise vom Auto auf den ÖPNV umzusteigen. Mit 30 zusätzlichen Fahrradstraßen will die Stadt ihre Bürger ermuntern, öfter aufs Rad zu steigen. Insgesamt unterstützt der Bund diese Maßnahmen mit 21 Millionen Euro.
ZUSÄTZLICHE LINIEN UND MICRO-HUB
Neben umfangreichen Preissenkungen in der Tarifwabe Mannheim/Ludwigshafen, Angebotsausweitungen im ÖPNV durch zusätzliche Buslinien und der Anschaffung schadstoffarmer Euro-6-Fahrzeuge mit Hybridantrieb testet Mannheim ein spezielles Konzept für den Lieferverkehr. Dafür plant die Stadt die Einrichtung eines so genannten Micro-Hubs – eines Umschlagplatzes für Paketlieferdienste. Sie sollen die letzte Meile zu den Empfängern per Elektrofahrzeug oder Lastenrad zurücklegen. Für die Umsetzung der Modellstadt-Projekte erhält die Stadt Mannheim rund 30 Millionen Euro.
ÖPNV FÜR EINEN EURO PRO TAG
Nach dem Wiener Vorbild soll ein Jahresticket zum Preis von 365 Euro den Nahverkehr in Bonn ab dem kommenden Jahr preislich attraktiver machen. Das „Klima-Ticket“ gilt jedoch nur für Neukunden. Hinzu kommt eine bessere Vertaktung von Bussen und Bahnen sowie ein betriebliches Mobilitätsmanagement, das sich an Arbeitgeber in der Region richtet. Mit ihnen sollen passgenaue Angebote entwickelt und getestet werden. Firmen soll es erleichtert werden, Jobtickets anzubieten. Insgesamt erhält Bonn vom Bund 38 Millionen Euro.
MEHR ALS 100 NEUE HALTESTELLEN
Reutlingen treibt den Ausbau des ÖPNV voran. Zehn neue Buslinien und mehr als 100 neue Haltestellen erweitern bald das Stadtbusnetz. Die Fördermittel in Höhe von 16,6 Millionen Euro sollen außerdem in ein Umweltticketpaket mit Tarifsenkungen investiert werden. Ähnlich wie Bonn will Reutlingen ein Ticket einführen, mit dem der Nahverkehr für einen Euro pro Tag genutzt werden kann. Außerdem sind eine Preissenkung beim Tagesticket im Umfang von knapp 20 Prozent sowie günstigere Gruppen- und Jobtickets geplant. Zudem soll der Radverkehr verbessert werden.
VERKEHR WIRD DIGITALER GESTEUERT
Herrenberg plant, den Verkehr digital zu steuern und ihn damit flüssiger zu machen. Das soll auch den Fahrzeiten der Busse zugutekommen. Zudem sind der Einsatz eines dritten Stadtbusses sowie die Einrichtung von Linientaxis mit kleinen Bussen geplant. Im Stadtgebiet sollen die Preise für Monats- und Tagestickets deutlich gesenkt werden. Außerdem soll eine App verschiedene Mobilitätsangebote bündeln und den schnellsten sowie umweltfreundlichsten Weg von A nach B aufzeigen. Die baden-württembergische Stadt erhält voraussichtlich mehr als vier Millionen Euro.