Verkehrspolitik
06.09.2018
Hintergrund

Masterplan Schienengüterverkehr:
An Tempo gewinnen

Im Sommer 2017 stellte der damalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt den Masterplan Schienengüterverkehr (SGV) vor. In einer Zwischenbilanz sieht der VDV erste positive Schritte – und weiterhin großen Handlungsbedarf.


Verkehrsunternehmen und Politik haben damit begonnen, den Masterplan Schienengüterverkehr (SGV) in die Tat umzusetzen. Vor allem die Halbierung der Trassenpreise für Güterbahnen bewertet der VDV positiv. Zudem unterstützt der Verband, dass der Ausbau wichtiger Güterverkehrsstrecken für Züge mit einer Länge von 740 Metern in den vordringlichen Bedarf des Bundesschienenwegeausbaugesetzes aufgenommen wurde (siehe Karte). „Beide Maßnahmen sind Kernpunkte des Masterplans und befinden sich auf einem guten Weg“, erläutert Dr. Martin Henke, VDV-Geschäftsführer für den Bereich Eisenbahnen: „Jetzt kommt es darauf an, bei der Umsetzung der großen Themen mehr Geschwindigkeit aufzunehmen.“ Aus Sicht des VDV, der maßgeblich am Masterplan mitgearbeitet hat, ist ebenfalls wichtig, dass das Planungsbeschleunigungsgesetz zeitnah fertig wird. So kann künftig die Schieneninfrastruktur schneller ausgebaut werden. Für die Arbeiten am 740-Meter-­Netz haben unterdessen die Planungen begonnen, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten der FDP-Fraktion hervorgeht. Gebaut werden soll ab 2019; bis Mitte der 2020er-Jahre sollen alle Maßnahmen abgeschlossen werden.

740-Meter-Netz

Der Ausbau wichtiger Güterverkehrsstrecken für 740 Meter lange Güterzüge ermöglicht deutliche Kapazitätsgewinne – eine wesentliche Maßnahme, um die Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs zu steigern. Im europäischen Schienengüterverkehr hat sich der 740-Meter-Güterzug als Standard etabliert. Im ersten Schritt werden die Voraussetzungen an der Infrastruktur geschaffen, damit Züge mit dieser Länge das deutsche und europäische Schienennetz durchgängig befahren können.

Noch in diesem Jahr soll das Bundesprogramm „Zukunft Schienengüterverkehr“ vorgestellt werden – eine weitere Sofortmaßnahme aus dem Masterplan. Das Programm verfolgt das Ziel, auch im Eisenbahnbereich Forschungsstrukturen dauerhaft zu etablieren und Innovationen im SGV anzuregen (siehe Interview unten). In dieser Legislaturperiode soll es mit 500 Millionen Euro ausgestattet werden. Die Mittel sind allerdings nicht im Haushaltsentwurf für das Jahr 2019 eingestellt. Martin Henke mahnt: „Wir dürfen keine weitere wertvolle Zeit dabei verlieren, die dringend notwendigen Innovationen in der Branche zu realisieren.“


Interview

„Wir wollen moderne Technik schneller auf die Schiene bringen“

Wie geht es weiter beim Thema Forschung? Enak Ferlemann (Foto), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und Beauftragter für den Schienenverkehr, beantwortete die Fragen von „VDV Das Magazin“.


» Herr Ferlemann, mit der Trassenpreissenkung ist ein erster Schritt gemacht, um die Rahmenbedingungen für den Schienengüterverkehr zu verbessern. Welche konkreten Effekte versprechen Sie sich davon?

Enak Ferlemann: Zunächst bin ich froh, dass uns das Parlament die Mittel für eine Förderung zur Absenkung der Trassenpreise bereits ab dem 1. Juli 2018 zur Verfügung stellt. Hierzu gilt mein Dank allen, die daran mitgewirkt haben. Mit der Maßnahme sorgen wir für eine Kostenentlastung bei den Güterbahnen. Dadurch werden sie preislich wettbewerbsfähiger und haben Spielräume, um in die Modernisierung ihrer Technik zu investieren. Wir erhoffen uns davon, mehr Verkehr insbesondere von der Straße auf die Schiene zu verlagern.

» Im Jahr 2017 ist der Marktanteil der Güterbahnen erneut gesunken. Das wirft die Frage auf, ob der Schienengüterverkehr grundsätzlich auf dem richtigen Weg ist. Was erwarten Sie von den Unternehmen?

Wir haben letztes Jahr gemeinsam mit der Branche den Masterplan Schienengüterverkehr erarbeitet. Er ist unsere Blaupause für einen nachhaltigen und zukunftsfähigen Schienengüterverkehr. Darin ist genau beschrieben, welche Aufgaben die Politik und welche die Unternehmen leisten müssen, um dies zu erreichen. Wir erwarten, dass die Unternehmen nun alles tun, um ihren Beitrag zu leisten. Dazu gehört auch unser Bundesprogramm „Zukunft Schienengüterverkehr“. Damit wollen wir moderne Technik schneller auf die Schiene bringen. Dazu gehören automatische Zugbildungsanlagen, Telematiksysteme oder modernes Wagenmaterial. Ich kann mir auch gut ein digitales Testfeld „Autonomes und vernetztes Fahren auf der Schiene“ vorstellen. Dort könnten neue Techniken auf der Langstrecke getestet und weiterentwickelt werden. Nun müssen wir noch die notwendigen Haushaltsmittel bekommen. Das Bundesprogramm „Zukunft Schienengüterverkehr“ soll in dieser Legislaturperiode mit insgesamt 500 Millionen Euro ausgestattet werden.
Der Runde Tisch Schienengüterverkehr wird unter Leitung meines Kollegen Staatssekretär Dr. Schulz und mir fortgeführt. Das Gremium wird die Umsetzung der Maßnahmen des Masterplans überwachen und bei Bedarf auch die Zügel straffen beziehungsweise neue Maßnahmen beschließen. Auf Arbeitsebene haben wir bereits eine Arbeitsgruppe mit einem Monitoring für die dauerhafte Umsetzung des Masterplans gebildet. Die Signale stehen also auf „Fahrt“.

Wir werden ein Deutsches Zentrum für Schienenverkehrsforschung gründen.

Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im BMVI

» Unter dem Dach des Bundesprogramms „Zukunft Schienengüterverkehr“, das die Ziele des Masterplans unterstützt, sollen als Sofortmaßnahme auch im Eisenbahnbereich Forschungsstrukturen dauerhaft etabliert werden. Welche Schritte planen Sie an dieser Stelle?

Wir wollen das Gesamtsystem Schiene in Deutschland weiter stärken. Deshalb werden wir die Eisenbahnforschung künftig gezielter nutzen, um zum Beispiel Innovationen schneller umsetzen zu können.
Um alle wichtigen Forschungsthemen abzudecken, legen wir ein Bundesforschungsprogramm Schiene auf. Wir werden auch ein Deutsches Zentrum für Schienenverkehrsforschung gründen, das als Ressortforschungseinrichtung des BMVI eine Denkfabrik des Bundes mit hohem wissenschaftlichen und praktischen Anspruch sein wird. Das Zentrum soll Forschungserkenntnisse liefern, die einen hohen unmittelbaren und praktischen Nutzen für die Eisenbahn in Deutschland haben.

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